Konflikte vermeiden. Damit es dann richtig kracht.

Wegschauen, ignorieren, den Kopf in den Sand stecken?

Einen Konflikt zu vermeiden bedeutet, eben diesen nicht entstehen zu lassen und ihn möglichst fernzuhalten. Sie können beides selbstverständlich versuchen, indem Sie es allen Menschen recht machen, was man meistens eh nicht schafft. Sie können die eigenen Bedürfnisse auf den letzten Platz der Prioritätenliste setzen, sich selbst also nicht ernst oder wichtig nehmen. Aber dann wundern Sie sich bitte nicht, wenn es am Ende richtig kracht.

Konflikte vermeiden. Damit es dann richtig kracht.

Sie könnten versuchen, wie die Fahne im Wind, den Menschen immer zustimmen, ihnen nicht widersprechen, keine eigene Meinung haben, geschweige denn einen anderen Blickwinkel einnehmen, kurzum: Sich auf den Kopf stellen, mit den Beinen wackeln und ein lustiges Lied singen. Dumm jedoch, dass Sie es trotz aller Bemühungen auf Dauer nicht schaffen werden, sämtliche Konflikte und Streitsituationen in Ihrem Leben zu verhindern.

Es ist auf Dauer unmöglich Konflikte zu vermeiden, wenn Sie Menschen in Ihrer Umgebung haben. Und wenn Sie es nicht geschafft haben, den Konflikt zu vermeiden, können Sie ihm dann aus dem Weg gehen? Sie ignorieren ihn ganz einfach, lächeln, obwohl sie wütend sind, sagen „Ja“, obwohl Sie „Nein“ meinen, ärgern sich weiter heimlich, nerven Ihre Freunde mit dem Thema, aber Sie bleiben tapfer und würdigen den Konflikt keines Blickes, Sie ahnen es: so wird sich die Situation nicht klären.

Selbst wenn Sie nur mit wenigen Menschen täglichen Kontakt haben, so werden Sie niemals auf Dauer den Konflikten aus dem Weg gehen können. Aber stellen Sie sich vor, es gäbe doch eine Möglichkeit und alle oben genannten Punkte würden dazu der Realität entsprechen: Wie hoch wäre der Preis, den Sie für ein Leben ohne Konflikte zahlen? Wäre er es Ihnen wert? Wirklich? Wollen Sie am Ende Ihres Lebens sagen, dass alle Menschen in Ihrem Umfeld zufrieden waren, nur Sie selbst haben nicht bekommen, was Sie gerne gehabt hätten? Und wie ist das mit dem Punkt der Entwicklung? Kämen Sie persönlich voran, wenn es keine Konflikte gäbe?

Konflikte sind groß, stark und meistens unangenehm, kein Mensch mag sie gerne, ganz gleich, was wir uns einreden, welche Vorteile sie haben. Und deshalb wird es vielleicht Zeit, sich nichts mehr vorzugaukeln, sondern dem eigenen Konfliktverhalten auf die Schliche zu kommen.

Wenn man sich das verdeutlicht, dann wird schon bald klar, dass man viel tun kann, um den Aufprall der Interessen oder Meinungen vielleicht nicht komplett zu verhindern, aber man sich schützen kann, ebenso wie den Konfliktgegner und andere Personen, die betroffen sind. Man kann gemeinsam mit dem Streitpartner das Tempo drosseln, kann sich klarmachen, wohin die Situation führen könnte. Man kann sich vor den Wortgefechten klarwerden, dass man doch gerne gemeinsam im selben Zug ist, die Fahrt auf keinen Fall beenden möchte und man sich, damit der Konflikt nicht zu sehr an Schärfe gewinnt, ein gemeinsames Ziel für die Reise wählt. Mit dieser Herangehensweise möchte ich Ihnen nicht mitteilen, dass Konflikte leicht sind und wir alles manchmal auch ein bisschen auf die leichte Schulter nehmen sollten. Wir alle wissen, dass diese schwierigen Situationen uns einiges an Energie abverlangen. Aber manchmal, im Alltag, im täglichen Miteinander, tun wir sicher gut daran, nicht alles immer unter den Konflikt- und Streitmantel zu packen, nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.

Es gibt Zeiten im Leben, in denen ist dies gar nicht so leicht, weil das Leben nicht rund läuft, wir das Gefühl haben, dass sich alles gegen uns verschworen hat. Zeiten, in denen wir vor lauter Wut und Ärger einfach austeilen, ohne zu merken, dass wir Menschen treffen, die uns nichts Böses wollen, in denen wir engstirnig und egoistisch sind und genau mit diesem Verhalten uns das Leben noch schwieriger machen. In diesen Zeiten ist es sicher angebracht, seine eigenen Kraftreserven anzuzapfen, sich von Energievampiren zu befreien, sich in seine eigene Komfortzone zu begeben, um somit trotz aller Konflikte, die größtmögliche Ruhe zu bewahren. Fragen Sie sich zwischendurch immer wieder, ob es wirklich ein wichtiges Thema ist, über das Sie sich gerade aufregen, oder ob vielleicht etwas ganz Anderes dahintersteht. Um sich mit dem Thema „Konflikt“ auseinanderzusetzen, macht es Sinn, sich folgende Fragen zu beantworten. Oft wird empfohlen, dies schriftlich zu machen. Ich weiß, dass es schwierig ist, seinen inneren Schweinehund dazu zu bewegen, aber wenn Sie bemerken, wie gut es Ihnen tut, werden Sie es nicht missen wollen.

Nehmen Sie sich also viel Zeit, ein leeres Buch, was immer Sie sonst noch mögen und stellen sich bitte folgende Fragen:

• Wann ist ein Konflikt für mich ein Konflikt?
• Mit wem habe ich momentan einen Konflikt?
• Mit wem habe ich Streit?
• Wie könnten Lösungen aussehen?
• Woran werde ich merken, dass die Situation sich entspannt?

Dies sind auf den ersten Blick leichte Fragen, aber vermutlich werden Sie merken, dass viele Gedanken dabei an die Oberfläche kommen, denen Sie dann freien Lauf lassen können, gerne auch schriftlich, damit Sie nachlesen können, was genau momentan in Ihnen vorgeht. Es ist manchmal erstaunlich, was man erkennt, wenn man seine Gedanken nachlesen kann. Schauen wir noch mal auf die Frage, wann ein Konflikt ein solcher ist: Eine Voraussetzung für einen Konflikt ist zum Beispiel, dass Emotionen im Spiel sind. Ohne Emotionen haben Sie keinen Konflikt. Wenn man sich alleine dies vor Augen hält, kann es schon ein kleines bisschen die Anspannung aus einigen Situationen nehmen. Bei Ihnen sind keine Emotionen im Spiel, aber Sie sind dennoch in einem Konflikt? Vermutlich glauben Sie, dass alles ein Sachproblem ist?

Dann schauen Sie doch mal, was sich hinter der Sachlichkeit verbirgt, von der ich behaupte, dass sie oft nur vorgeschoben wird. Wie also vermeiden Sie einen Konflikt? Im besten Fall gar nicht. Denn die Gegenfrage ist: Was bringt es Ihnen, wenn Sie den Konflikt nicht haben? Keinen Ärger, keine Auseinandersetzung? Keine nervenden Diskussionen? Keine Tränen, verlorene Zeit, Energie und Nerven? Wenn Sie hier an einigen Stellen mit „Genau!“ geantwortet haben, liegt dort ein kleiner Hinweis für Sie versteckt. Schauen Sie sich an, welche der Fragen dies war und beobachten Ihre Gedanken dazu. Beispiel: Sie möchten den Konflikt vermeiden, weil Sie die Auseinandersetzung mit einer Kollegin scheuen oder sie, wahlweise die Kollegin oder die Auseinandersetzung, Ihnen auf die Nerven geht. Was genau ist es, dass Sie stört? Gibt es einen Lösungsvorschlag? Genau hier ist also der Hinweis.

Konflikte vermeiden
Konflikte vermeiden

Konflikte wollen beachtet werden. Vermeiden ist sinnlos.

Die Frage ist also nicht, wie Sie den Konflikt vermeiden, sondern wie Sie ihn möglichst früh lösen, damit er Ihnen keine Nerven raubt und er sich nicht zu einem Raubtier entwickelt, das nur schwer zu bändigen ist und Sie am Ende frisst.

Erinnern Sie sich bitte auch daran, was „Konflikt“ bedeutet. Damit wird auch sichtbar, dass der Konflikt auch dazu dient, etwas sichtbar zu machen, nämlich den oder die Punkte, in denen Sie und Ihr Gegenüber sich nicht einig sind. Mehr ist es zunächst nicht, nicht am Anfang, wenn die Situation noch klein und mehr oder weniger harmlos ist. Je länger man jedoch wartet, um miteinander zu reden, desto schwieriger wird die Lösung.

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